Allgemein 

Äußere Anreize können innere Reize zerstören

Auch wenn niemand einen Menschen von außen antreibt, treibt es ihn von innen voran – falls er nicht Depression, Lethargie, Burnout oder der komplexen Posttraumatischen Belastungsstörung verfallen ist. Woher sollten natürliches Interesse, menschliche Neugier, Forscherdrang und Spontanität kommen und sich für alle sichtbar immer wieder in Alltag und Beruf entfalten? Ingo Hamm erklärt: „Neugier und Interesse kennt jeder und entwickeln wir alle – ohne äußere Anreize. Im Gegenteil: Äußere Anreize können diese inneren Reize kaputtmachen.“ Ergo braucht der Mensch, wenn man ihn motivieren möchte, nicht per se oder ausschließlich eine externe Steuerung – Belohnung, Bestrafung, Überwachung. Die meisten Menschen, insbesondere Kinder, sind von Haus an neugierig und an der Welt interessiert, wenn man sie nicht allzu sehr stresst oder gängelt. Dr. Ingo Hamm ist Professor für Wirtschaftspsychologie an der Hochschule Darmstadt.

Geld ist eine äußerst beliebte Form der Motivation

Fatale äußere Reize sind volkstümlich ausgedrückt: Zuckerbrot und Peitsche. Warum setzen so viele Chefs und Eltern darauf? Oder schlicht auf Druck? Also auf die verdammte extrinsische Motivation? Ingo Hamm erläutert: „Nicht etwa, weil das alles Despoten wären – einige schon. Sondern weil wir Menschen ein echtes Motivationsproblem haben.“ Vor zehntausenden von Jahren die Menschen Getreide warum an? Damit sie nicht hungern mussten. Aus Getreide wird Brot, Brot kann man essen – das war ihre Motivation.

Diese Motivation versagt beim modernen Industriearbeiter, der an der CNC-Drehbank steht und Drehteile dreht, die er weder essen noch selbst am Markt verkaufen kann. Ingo Hamm fügt hinzu: „Die unmittelbare Motivation des Nahrungsmittels fällt weg, also muss man die Leute irgendwie anders motivieren. Zum Beispiel mit Geld – einer äußert beliebten Form der Motivation.“ Funktioniert das? Das ist eine ziemlich überflüssige Frage. Denn ganz offensichtlich funktioniert das.

Eine extrinsische Belohnung killt die intrinsische Motiviation

Der Großteil der Menschheit arbeitet inzwischen nicht mehr für den Anbau der eigenen Nahrung, sondern für Geld. Ingo Hamm stellt fest: „Dass der Großteil der Menschheit sich für Arbeit bezahlen lässt, heißt eben noch lange nicht, dass das auch besonders gut oder überhaupt funktioniert. Zwar arbeiten wir alle für Geld, doch Edward Deci fand heraus: Geld frisst Motiviation.“ Denn die extrinsische Motivation ist eine fatale Motivation. So wie das aktuelle Weltwirtschaftssystem funktioniert, sabotiert es sich selbst wirkungsvoller als jeder Hacker-Angriff.

Niemand würde bestreiten, dass Geld motiviert – auch Ingo Hamm bezieht gerne sein Gehalt. Also motiviert Geld? Ja und nein. Doch das findet nur heraus, wer den Unterschied zwischen ex- und intrinsischer Motivation kennt. Extrinsische Belohnung, die eigentlich die Motivation eines Menschen fordern soll, tut dies, indem sie intrinsische Motivation killt. Das ist der Korrumpierungseffekt extrinsischer Motivation. Externe Belohnung, Boni, Incentives, aber auch externen Zeitdruck, Bewertung durch andere, Strafen und Androhung von Strafen korrumpieren und verhindern die „bessere“, die intrinsische Motivation. Quelle: „Sinnlos glücklich“ von Ingo Hamm

Von Hans Klumbies

Weitere Artikel

Leave a Comment